Paulo Coelho: Veronika beschließt zu sterben


Taschenbuch, 223 Seiten
Diogenes Verlag
Erscheinungsjahr 2000
Preis: 9,90 €
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Lange, wirklich lange stand dieser Roman auf meiner "muss ich lesen" Liste. Im Endeffekt hat es sich nicht nur gelohnt, ich habe auch wesentlich mehr bekommen als erwartet: In diesem Roman stehen so viele Antworten! 

Paulo Coelho verarbeitet in "Veronika beschließt zu sterben" teilweise seine eigenen Erfahrungen in der Psychiatrie, in die er von seinen Eltern selbst gesteckt wurde. Früher waren Psychiatrien auch Orte an denen man ungeliebte bzw. merkwürdige Verwandte abschob. Gleichzeitig scheint der Roman auf der wahren Geschichte einer Frau zu beruhen, die Coelho kennen lernte und schließlich fasziniert von ihr beschloss ein Buch zu schreiben. Der Autor schreibt, was wie ich finde sehr ungewöhnlich ist, in einem Kapitel von sich selbst und wie er von Veronikas Geschichte erfuhr. 

Veronika, eine junge Frau in den 20gern, Bibliothekarin, beschließt eines Tages dem Leben überdrüssig sich umzubringen. Einen genauen Grund kann sie nicht benennen. Sie schluckt starke Schlafmittel, die sie sich über einen längeren Zeitraum angesammelt hat und versucht in ihren letzten Minuten zunächst einen Brief an die Eltern zu schreiben, bis eine Zeitschrift ihre Aufmerksamkeit auf sich zieht in der spöttisch gefragt wird wo Slowenien liegt? Veronika kann dies nicht auf sich sitzen lassen und schreibt einen wütenden Leserbrief... 

Als sie erwacht glaubt sie zunächst tot zu sein, muss jedoch feststellen in der berüchtigten Anstalt Vilette gelandet zu sein. Dr. Igor, Leiter der Anstalt, erklärt Veronika sie habe ihr Herz mit den Medikamenten dermaßen geschädigt, dass sie bald sterben wird, so waren ihre Bemühungen nicht umsonst, glaubt sie. In Vilette hat Veronika die Möglichkeit sich mit sich selbst auseinanderzusetzen und mit der Frage was denn verrückt sei? Sie lernt das Leben im Angesicht des Todes erst wirklich zu schätzen, doch scheint es dafür zu spät zu sein...

Neben Veronika finden auch andere Patienten einen Platz in dem Roman ein, die zu ihren Vertrauten werden:

- die depressive Zedka
- die von Angst- und Panikattacken gestörte, ältere Rechtsanwältin Mari 
- der Schizophrene junge Mann und Botschafter Sohn Eduard 

Außerdem widmen sich einige Seiten den Absichten und Gedanken von Dr. Igor, der dabei ist über seine Entdeckung zu publizieren und in Veronika die beste Versuchsperson gefunden hat.

Der nahende Tod verändert nicht nur Veronika, sondern allmählich auch die anderen Patienten in Vilette. Außerdem bahnt sich zwischen ihr und dem Schizophrenen eine etwas ungewöhnliche Liebesgeschichte an, die aus meiner Sicht hauptsächlich darauf beruht, dass beide ungefähr das gleiche Alter haben (wodurch er der einzige attraktive, wie potentielle Partner ist) und Veronika abendlich für Eduard Klavier spielt.

Störend fand ich wie Veronika zu ihrem Durchbruch kommt: Sie befriedigt sich vor Eduard selbst, weil sie denkt, er würde sowieso nicht wirklich in unserer Welt verweilen und bekommt dabei multiple Orgasmen (sehr männliche Vorstellung/ Darstellung). Diese Szene ist auch gleichzeitig der Durchbruch für Eduard.
Wirklich ergreifend ist wie lebensbejahend dieser Roman ist und die Einstellung zum "verrückt sein". 

Ein Roman, der nachdenklich macht und die innere Sicht vielleicht gerade rückt! 


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